Nachhaltiger Erfolg durch ein gesundes MenschenbildGesundheit - 2/6

In einem nicht gesunden Unternehmen sind die Mitarbeiter, die Kunden, die Lieferanten und die sie vertretenden Personen lediglich Ressourcen, die zu funktionieren haben. Dies entspricht einem längst überholten Menschenbild aus dem Scientific Management und dem Fordismus, welches jedoch in der Praxis leider immer noch und gefühlt in den letzten Jahren wieder stark zunehmend aufzufinden ist. Die Tendenz zur Re-Fordisierung ist dabei keine Notwendigkeit, sondern Mittel zum Zweck auf Kosten der Qualität der Partnerschaft, um den eigenen Gewinn zu vergrößern. Die Devise: Der mitarbeitende, liefernde, kaufende Mensch muss sich ans System anpassen und funktionieren. Funktioniert er nicht, wird er ausgetauscht.

In den später folgenden Human Resources und Human Relations Ansätzen ist zwar die Motivation des Menschen als betriebswirtschaftlicher Erfolgsfaktor erkannt worden – sie ist aber immer noch lediglich Mittel zum Zweck. Die Motivation des Menschen ist also möglichst optimal auszubeuten, um damit eigene, egoistische Unternehmensziele zu erreichen. Die logische Folge dieser Haltung ist oft der Versuch mit und ohne billige Tricks die Motivation der Mitarbeiter, Lieferanten, Kunden zum eigenen Vorteil auszunutzen. Wirklich etwas gewonnen auch im Sinne des Wohles der Stakeholder wird dabei nichts. Somit entsteht ein selbst erzeugtes Miteinander, das ein Spiel von Verlieren zwischen Ausnutzung, Unterwerfung, Heuchelei und Tarnen in beide Richtungen ist. Das Ergebnis sind weder fachliche Qualität noch exzellente Ergebnisse und Erfolge, ein großer Teil der Energie geht in das „Strategische Management“ der Beziehungen, anstatt in die Erschaffung von hoher Produkt- und Dienstleistungsqualität und optimaler Ergebniserzielung. Eigentlich existiert keine freundliche Verbundenheit mit gegenseitiger Wertschätzung und gemeinsamen Zielen, sondern lediglich eine sich ausnutzende Zweckgemeinschaft. Echte Integrität (Verbundenheit) ist bei einem solchen Miteinander nicht vorhanden, sie ist aber überall dort anzufinden, wo Spitzenleistungen sind.

Was wäre nun, wenn im Suchen und Erkennen der echten Vorteile für den Mitarbeiter, den Lieferanten und den Kunden der Schlüssel zur Freisetzung authentischer Motivation läge? Eine echte Verbundenheit, eine echte Ganzheit (Integrität) als Ausgangsbasis. Die Folgen einer solchen Anspruchshaltung gegenüber den Handlungspartnern wäre, dass man sich den Erfolg bringenden Beteiligten wahrhaftig zuwendet und überlegt, wie sie wirklich einbinden kann, um somit gleichsam selbst besser zu werden. Das bedeutet, dass die Partner nicht bloß funktionieren müssen, sondern man miteinander eine Einheit darstellt (Integrität). Es geht dann nicht mehr vorwiegend darum, den anderen zum eigenen Vorteil auszunutzen, sondern sich durch die gegenseitige Achtung und Wertschätzung miteinander partnerschaftlich weiter zu entwickeln.

Ein gesundes Menschenbild im Unternehmen hat zur Folge, dass man in der gemeinsamen Entwicklung den Erfolg sieht und nicht im möglichst klugen und systematischen Ausbeuten des Partners.

Betrachtet man den aktuellen Stand in vielen Unternehmen, so ist leider festzustellen, dass insbesondere Großkonzerne in den vergangenen Jahren immer weniger eine Kultur der Verbundenheit und Integrität in partnerschaftlicher Zusammenarbeit suchen, sondern im Gegenteil Gewinne durch Ausbeutung anderer realisieren. Somit wird am eigenen Ast gesägt, auf dem man sitzt. Dieses organisationale Verhaltensmuster zeigt starke Hilflosigkeit im Umgang mit den notwendigen Veränderungen und der benötigten Re-Identitätsbildung auf. Dieser kulturelle Rückschritt holt jedes praktizierende Unternehmen früher oder später von selbst ein, die Quittung kommt in Form einer generellen Destabilisierung der Problemlösungsfähigkeit und der Belastbarkeit der Organisation und ihres Umfeldes. Gerät das Unternehmen dann beispielsweise marktbedingt in die Krise, fängt unweigerlich der Abwärtsstrudel an, denn Verbundenheit mit Mitarbeitern, Lieferanten und Kunden ist insbesondere in schwierigen Zeiten von existentieller Bedeutung.

Autor: Ralf Juhre
Ralf Juhre ist leidenschaftlicher Verhaltenstrainer, Berater, Coach und anerkannter Experte für Führungskräfte- und Organisationsentwicklung. Potenzialentfaltung, Querdenken und Horizonterweiterung sind bei ihm Programm. Seit fast 30 Jahren ist er im In- und Ausland unterwegs, um destruktive Verhaltensweisen und mentale Blockaden in Organisationen aufzudecken sowie Veränderungsprozesse erfolgreich zu initiieren und zu begleiten. Mit Gründung der ingenior training & consulting GmbH entstand ein Systemhaus, das auf Führungskräfte- und Organisationsentwicklung sowie Sozialkompetenztraining für Ingenieure und Techniker spezialisiert ist. Ralf Juhre ist zudem Autor zahlreicher Fachbücher für Führungskräfte und Manager.

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