Kein Markt bleibt von großen Volatilitäten und Unsicherheiten verschont

Die globalen Finanz- und Wirtschaftssysteme kennzeichnen derzeit ein Ende des fünften Kondratieffschen Zyklus, sehr große Volatilitäten und damit massive Unsicherheiten. Welche Treiber stehen für künftigen Wohlstand und künftiges Wachstum? Die Basisinnovation, die im anstehenden sechsten Kondratieffschen Zyklus das Weltwirtschaftswachstum hervorbringen wird, ist scheinbar noch nicht gefunden oder nicht öffentlich bekannt. Der Aufbruch der asiatischen Welt in den Wohlstand bringt zwar eine massive Nachfrage mit sich, ist aber von der Dynamik des „Nachholens“ und des „Gleichziehens“, nicht jedoch von der Dynamik des inhaltlichen Erneuerns durch einen globalen Innovationssprung getrieben.

Die Frage also, woher das globale zukünftige Wirtschaftswachstum auf Basis von Innovation kommen wird, bleibt derzeit (noch) unbeantwortet. Die momentane allgemeine Verunsicherung ist deshalb so groß, weil einerseits die bestehenden Systeme der Vergangenheit zunehmend versagen und andererseits geeignete Zukunftsperspektiven fehlen. Eine solche Situation des Übergangs von etwas Bekanntem und ehemals gut funktionierenden Altem zu etwas derzeit noch völlig unbekanntem Neuem wird von vielen als Erschütterung erlebt. Der Umgang mit eben diesen Übergangs- (noch nicht Veränderungs-!) -prozessen benötigt besondere Fähigkeiten und Fertigkeiten. Es kommt zu Destabilisierungen. Bisher bewährte Lösungen, z.B. der Strategieentwicklung und -umsetzung, der Mitarbeiterbindung und –entwicklung, der Organisationsentwicklung, der Mitarbeiterführung, etc., funktionieren nicht mehr wie gewohnt. Alt hergebrachte Mechanismen und Techniken haben ausgedient, Neues will geboren werden, doch niemand weiß, wann und wo die Niederkunft stattfinden wird und wer oder was die entscheidenden Auslöser sein werden. Große Veränderungsprozesse sind immer verbunden mit Veränderungen im Denken und Handeln. Erwin Laszlo hat in seiner Theorie des Macro-Shifts vorgestellt, dass in solchen Situationen ganze Denk-Paradigmen, also (Geistes-) Haltungen, tiefgreifende Veränderung erfahren, durch welche die Welt ihre Probleme gesehen, beurteilt und behandelt hat.

Angesichts der Erschütterungen kommt es im Unternehmensalltag zunehmend zu Konfusion und Frustration über die nicht mehr beherrschbare und kontrollierbare Komplexität. Was man kontrollieren und in Zahlen und Daten erfassen kann, ist nur die Gegenwart, zukünftiges Handeln (Strategie) entzieht sich aufgrund der Unsicherheiten und Volatilitäten zunehmend der Planbarkeit. Das Leben wird immer mehr durch Unsicherheiten und den damit verbundenen (Zukunfts-) Ängsten bestimmt. Führungskräfte müssen in der Lage sein, den Transitionsprozess zu meistern. Gerhard Fatzer spricht in diesem Zusammenhang von der Veränderung der Organisationsentwicklung hin zu einem transformationalen Ansatz und weg vom klassischen Business-Process-Engineering der 80er, das bis heute massenhaft betrieben wird. In vielen Unternehmen wird deutlich, dass die bestehenden klassischen Systeme der Unternehmensführung versagen und erneuerungsbedürftig sind. Die Wirtschaft – jedes einzelne Unternehmen – sieht sich vor dem Zwang der Selbsterneuerung, vor der Herausforderung, sich neu erfinden zu müssen. Durch das vorhandene Orientierungsvakuum entsteht ein Chaos, welches das Aufkeimen kranker Verhaltensmuster im Unternehmen im Umgang mit Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten begünstigt und manchmal sogar fördert. In der Notwendigkeit das Unternehmen versorgen zu müssen, entstehen Stilblüten im Umgang mit den Systembeteiligten, die allen Schaden zufügen und somit destabilisierend wirken. Statt im Sumpf dieser hilflosen Selbstrettungsversuche zu versinken ist es sinnvoll, umzudenken und das Unternehmen wirklich gesund zu definieren. Der notwendige Transitionsprozess strengt enorm an und bindet alle Kräfte. Zudem ist noch nicht klar, wo die Reise hingeht. Doch klar ist, dass es unter gegebenen Umständen zunächst einer Erneuerung des  Unternehmensverständnisses als Grundlage braucht, um dann wieder festen Tritt zu fassen. Ziel des Veränderungsprozesses eines Unternehmens in ein gesundes Unternehmen ist also die Rekonstruktion und Redefinition der Identität des Unternehmens als systemisch ganzheitlicher Organisation.

Autor: Ralf Juhre
Ralf Juhre ist leidenschaftlicher Verhaltenstrainer, Berater, Coach und anerkannter Experte für Führungskräfte- und Organisationsentwicklung. Potenzialentfaltung, Querdenken und Horizonterweiterung sind bei ihm Programm. Seit fast 30 Jahren ist er im In- und Ausland unterwegs, um destruktive Verhaltensweisen und mentale Blockaden in Organisationen aufzudecken sowie Veränderungsprozesse erfolgreich zu initiieren und zu begleiten. Mit Gründung der ingenior training & consulting GmbH entstand ein Systemhaus, das auf Führungskräfte- und Organisationsentwicklung sowie Sozialkompetenztraining für Ingenieure und Techniker spezialisiert ist. Ralf Juhre ist zudem Autor zahlreicher Fachbücher für Führungskräfte und Manager.

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