Gesundes StrategieverständnisGesundheit - 3/6
- 9. Juni 2016
- Veröffentlicht durch: Ralf Juhre
- Kategorien: Führung & Motivation, Organisationsentwicklung
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Die Unternehmensstrategie ist die Summe aller Pläne von Führenden und Mitarbeitern im Unternehmen, die unter Betrachtung der möglichen alternativen Zukunftsperspektiven im Unternehmen und den für das Unternehmen relevanten Umfeldern den dauerhaften Fortbestand des Unternehmens möglich machen sollen.
Zielträger jeder Strategie sind alle Unternehmensbeteiligten, nicht nur die Geschäftsleitung, denn alle sind betroffen und am Fortbestand interessiert. Noch immer wird Strategieentwicklung und -umsetzung in weiten Teilen der akademischen Welt und vor allem bei den meisten Unternehmensberatungen als TOP-Down Prozess begriffen. Hier herrscht eine schier undurchdringbare Dogmatik vor. Die Begründung für diesen Ansatz: Vorgabe von oben sei notwendig, da Mitarbeiter nicht kompetent seien, die Strategie zu entwickeln. Hinter diesem seit vielen Jahren vermittelten Denkparadigma ist wiederum ein tayloristischer Ansatz zu erkennen: Es wird getrennt zwischen Hand- und Kopfarbeit. Dabei belehrt uns die Praxis immer und immer wieder eines Besseren: Fast in jedem Unternehmen, in dem die Strategie als TOP-DOWN – Prozess verstanden wird, beobachten wir seit Jahren, dass diese grundsätzlich auf der zweiten oder spätestens dritten Führungsebene verendet und von da an nicht weiter im Unternehmen umgesetzt wird. Schon das mittlere Management nimmt die Strategie somit nicht mehr wirklich an, ganz zu schweigen von den die tägliche Arbeit verrichtenden Mitarbeitern. Selbst aufwändige Maßnahmen zur Strategievermittlung sind häufig erfolglos, sie dringt nicht in die Belegschaft ein, wird weder verstanden, bejaht und verinnerlicht, noch gelebt. Wen wundert es? Ein Paradigmenwechsel ist hier dringend erforderlich.
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Basierend auf einem gesunden Menschenbild, das den Mitarbeiter, Lieferanten und Kunden ernst nimmt und als Erfolgspartner für Verbesserung begreift, ist es unabdingbar, alle Beteiligten möglichst weitgehend in den Prozess der Strategiedefinition einzubinden. Dies geschieht mit wenigen Ausnahmen jedoch so gut wie nie, wenngleich es dafür sehr geeignete Techniken gibt.
Im Sinne der ganzheitlichen Unternehmensgesundheit wird die Strategie nicht vom Topmanagement formuliert, sondern von der gesamten Unternehmensgemeinschaft, also unter Einbeziehung des gesamten autopoietischen (sich selbst erneuernden) Systems des Unternehmens.
Werden die Erfolgspartner am Prozess der Strategiefindung und –umsetzung nicht angemessen beteiligt, reduziert sich die Organisation selbst in ihren vielfältigen Chancen auf Innovation. Die Mehrheit der identifikationswilligen und –fähigen Mitarbeiter bzw. Stakeholdern werden somit als potentielle Erfolgspartner ausgegrenzt. Da sie aber Teil des autopoietischen Systems sind und sein wollen, wird somit die Innovationskraft maximal reduziert. In einem gesunden Unternehmen bzw. Organisation ist der gesamte Strategieprozess ein Denkprozess der ganzen Unternehmensgemeinschaft und nicht nur des TOP-Managements. Wo dies gelebt wird, ist eine völlig andere Umsetzungsqualität der Strategie vorzufinden. Eine gesunde Strategie hält immer die Interessen der Inhaber, der Mitarbeiter, der Lieferanten und der Kunden im Gleichgewicht und ist nicht darauf ausgelegt, einen Partner zum eigenen Vorteil auszubeuten. Wo dies doch geschieht kommt es in Folge immer zu einer systemischen Ausgleichsbewegung, die sich in Form von Widerständen und Konflikten äußert.